Flugverkehrspolitik über die Köpfe der Bürger hinweg
So ungewiss der Wahlausgang für die einzelnen Parteien auch heute noch sein mag, für die von den Auswirkungen des Flugverkehrs
betroffenen Bürger herrscht jetzt schon Klarheit:
An der Flugverkehrspolitik in NRW wird sich auch nach einem Regierungswechsel rein gar nichts ändern !
CDU, SPD und FDP haben sich im Vorfeld der Wahl unmissverständlich auf einen weiteren Ausbau der NRW-Flughäfen
festgelegt.
Die FDP will darüber hinaus sogar alles dafür tun, um Nachtflugverbote an NRW-Flughäfen zu verhindern.
Alleine die Grünen haben bislang eindeutig Stellung gegen die Ausweitung des Luftverkehrs bezogen.
Solange diese Thematik jedoch nicht zum mitentscheidenden Prüfstein für die eventuelle Fortführung einer Koalition
zwischen Rot-Grün nach der Wahl erklärt wird, dürfte dieses zweifellos anerkennenswerte Engagement auch in Zukunft
wenig an dem menschenfeindlichen Luftverkehrskonzept ändern.
Nur als Oppositionspartei könnten sich die Grünen bezüglich ihres Widerstandes ungehindert entfalten !
FDP-Antrag zum Luftverkehr v. 08.03.2005
Plenarprotokoll zum Thema "Jobmaschine" v. 17.03.2005
Bürger in Not
Deutschland steckt aufgrund der immens hohen Arbeitslosenzahlen in einer volkswirtschaftlich schwierigen Situation.
Trotz stetig steigender Gewinne in der Wirtschaft gibt es mittlerweile über 5 Millionen Arbeitslose, die
Staatsverschuldung steigt weiterhin rapide, die Steuereinnahmen brechen ein.
Beiträge für Renten-, Pflege- und Krankenversicherung sowie steigende Energie- und Kraftstoffkosten usw., belasten das
Budget des Einzelnen immer stärker und lassen bei gleichzeitig sinkenden Löhnen das Geld in den privaten
Haushaltskassen immer knapper werden.
Folglich siecht die Binnennachfrage, ein wichtiger Konjunkturfaktor, dahin.
Das macht den elementaren und fortschreitenden Substanzverlust unserer Volkswirtschaft deutlich und zieht eine klare
Grenze zwischen Gewinnern und Verlierern.
Mythos "Jobmaschine" löst sich in Luft auf
Mit welcher Berechtigung in dieser Situation ausgerechnet die Flughäfen als angebliche "Jobmaschinen" und damit
Heilsbringer schlechthin angepriesen werden, ist umso weniger verständlich als auch die Luftverkehrsbranche mit dem
steten Hinweis auf starken Kosten- und Wettbewerbsdruck, nicht zuletzt durch Billigflieger, dem allgemeinen
wirtschaftlichen Trend folgt und Arbeitsplätze abbaut.
Druck auf Lufthansa - Mitarbeiter
Ein kurzer Blick auf Deutschlands Flughafen Nr. 1 mag das noch einmal verdeutlichen:
Trotz der umfangreichen Ausbaupläne müssen auch hier immer mehr Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze bangen, denn die
Frankfurter Flughafen-Manager wollen im Zuge weiterer massiver Kostensenkungen den bisherigen Anteil an Fremdpersonal
zu Lasten der Stammbelegschaft von 10% auf 20% ausweiten.
Nach eigenen Angaben von Flughafen-Chef Bender steht Fraport aufgrund der Forderung der Deutschen Lufthansa nach
niedrigeren Landegebühren sowie dem steigenden Wettbewerb durch andere Anbieter unter erheblichem Zugzwang.
In diesem Zusammenhang sollen Einsparungen in Höhe von 100 Millionen Euro realisiert werden.
Damit folgt Fraport dem Beispiel der Düsseldorfer Flughafengesellschaft, die bereits vor gut einem Jahr zeitgleich mit
dem Inkrafttreten der EU-Osterweiterung, einschneidende Rationalisierungsmassnahmen durchgeführt hat.
Hatte die Stammbelegschaft von DUS im Jahre 2002 noch eine Stärke von 2700 Mitarbeitern, so wurde sie bis heute um
weit über die Hälfte auf nur noch 1200 Leute eingeschrumpft.
Bisherige Entwicklung am Düsseldorfer Flughafen
Aus dem Geschäftsbericht des Düsseldorfer Flughafens für das Jahr 2004 ergibt sich, umgerechnet auf 1 Million
zusätzlicher Fluggäste, lediglich eine Anzahl von 30 neu eingestellten Mitarbeitern.
Interessanter Vergleich: Für den Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) werden in Vorausschau auf das Jahr
2010 lediglich 59 Arbeitsplätze je 1 Million Fluggäste prognostiziert.
Am Düsseldorfer Flughafen werden zur Zeit 3 offene Stellen angeboten, an allen deutschen Verkehrsflughäfen zusammen
sind es gerade einmal 26 Stellen !
Ein nicht gerade ermutigendes Ergebnis für ein Wunderding mit der vielversprechenden Bezeichnung "Jobmaschine" !
Entwicklung war lange absehbar
Der Ansatz, aus dem zur Mitte der 90-er Jahre noch 1000 Arbeitsplätze je 1 Million Passagiere abgeleitet werden
konnten, mußte bereits vor dem Jahr 2000 um ca. die Hälfte nach unten korrigiert werden und ist, wie man sieht,
heute total überholt.
Ohne jeden Zweifel folgt die Luftverkehrsbranche, ebenso wie andere Branchen auch, den ausschliesslich
gewinnorientierten und kapitalgesteuerten Regeln einer "Freien Marktwirtschaft", in welcher eine soziale Komponente
nicht zur Anwendung kommt, weil sie darin nicht vorgesehen ist.
Nützliche Verflechtungen
Viele Menschen begreifen nicht, warum sich Politiker, sprich Volksvertreter, an den oben genannten Tatsachen vorbei,
völlig kritiklos und teilweise mit einem geradezu an Fanatismus grenzenden Eifer als Herolde der
Flughafenlobby betätigen.
Das darf jedoch in Anbetracht der zum Teil sehr engen persönlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten zwischen Politik
und Wirtschaft in unserem Staate nicht wirklich verwundern.
Abgesehen einmal von verdecktem Politiker-Sponsoring durch große Wirtschaftsunternehmen, verdeutlichen die folgenden
Beispiele weitere Wege, auf denen die Interessen der Flugverkehrslobby bequem in die politischen Gremien transportiert
und in politische Entscheidungen umgesetzt werden können:
Beispiel 1 :
Initiative Luftverkehr
Gegründet: am 7. Juli 2003
Gründungsmitglieder:
Deutsche Lufthansa
Deutsche Flugsicherung
Flughafen München
Fraport
Schirmherrschaft:
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW)
Initiative Luftverkehr
Masterplan vom Oktober 2004
Beispiel 2 :
Beauftragte der Regierung für Investitionen aus dem Ausland
Lufthansa-Aufsichtsratschef Weber
Siemens-Aufsichtsratschef von Pierer
Daimler-Manager Mangold
Beispiel 3 :
Der Flughafenkoordinator
Claus Ulrich
wurde 1992 vom Bundesminister für Verkehr zum Flughafenkoordinator ernannt.
Bis 1992 erfolgte die Finanzierung aus Bundesmitteln.
Seit 1995 werden Aufwendungen ausschließlich von deutschen Luftverkehrsgesellschaften getragen.
In Absprache mit dem BMV und dem Flughafenkoordinator haben sich die maßgeblichen deutschen
Luftverkehrsgesellschaften zu einer Interessengemeinschaft zur Finanzierung der
Flughafenkoordination zusammengeschlossen.
Flughafenkoordinator
Frei schalten und walten ohne Kontrolle
Den unseligen Auswirkungen derartiger Strukturen kann man auf allen Ebenen begegnen.
Vor dem OVG Münster ist zur Zeit ein Prozess anhängig, der sich mit dem von der Initiative "Bürger gegen Fluglärm"
aufgedeckten ständigen Missbrauch der Betriebsgenehmigung durch die Düsseldorfer Flughafengesellschaft beschäftigt.
Hier geht es speziell um die zahlreichen und regelmäßigen Übertretungen der Stundeneckwerte.
Eine sogenannte "Kleine Anfrage" an den NRW-Landtag durch die Grünen, brachte zutage, daß das
Landesverkehrsministerium als zuständige Genehmigungsbehörde offensichtlich weder willens noch in der Lage ist, die
Einhaltung der Betriebsgenehmigung von Seite der Flughafengesellschaft zu überwachen.
Hier konnten die Zuständigkeiten bisher noch nicht eindeutig geklärt werden !
Insgesamt gesehen sind das ernstzunehmende Anzeichen einer Entwicklung, die unweigerlich auf eine fortschreitende
Aufweichung staatlicher Kontrolle zum einzigen Vorteil wirtschaftlicher Interessen und zum Nachteil betroffener
Bürger hindeutet.
Die Staatsorgane lassen Wirtschaftsbosse machen und fühlen sich selber nicht mehr zuständig !
Folglich kontrolliert sich die Luftfahrtbranche mithin selbst.
So ist es u. a. üblich, daß die Luftaufsichtsbehörde bei Beanstandungen im Luftraum den Beschwerdeführer auffordert,
sich direkt an die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) zu wenden, die auf privatwirtschaftlicher Basis arbeitet.
Ein eindeutiger und zuverlässiger Dienstweg ist auch hier nicht mehr gegeben!
Gegen das Grundgesetz
Das im Zuge des Landtagswahlkampfes von CDU, SPD und FDP abgelegte Bekenntnis zur Ausweitung des Luftverkehrs über NRW
stellt eine generelle Ausgrenzung der hierdurch in ihren Grundrechten verletzten Bevölkerungsgruppen dar!
Dieses Vorgehen ist weder mit
Christlich-demokratischen,
Sozial-demokratischen noch
Frei-demokratischen Grundsätzen
vereinbar und widerspricht dem Geist unseres Grundgesetzes, der keineswegs rein wirtschaftlichen Belangen den
absoluten Vorrang einräumt !
Politik, die ihr Handeln immer stärker auf eine rein materiell ausgerichtete Sichtweise reduziert und
sich gleichzeitig zu Lasten großer Bevölkerungskreise immer mehr aus ihrer sozialen Verantwortung stiehlt, handelt
kurzsichtig und wird sich letztlich vor immer grössere Probleme gestellt sehen.
Ihr Arbeitskreis
"Leben in Lohausen"
200505 / JG /